Das Problem mit Management-Trends ist, dass alle mitmachen müssen, viele aber gar nicht wissen, wie. Manchen gefällt das Neue auch nicht, anderen hilft es nicht weiter. Mit den Trends ist es dann schnell wieder vorbei, wenn die Umwelt feindlich oder indifferent reagiert, zumal wenn die, die den Hype losgetreten haben, den Kontext nicht herstellen können, wie Neu und Alt zusammenpassen.
Agilität ist so ein Thema, das oft von einigen wenigen Begeisterten eingeführt wird, womit alle anderen dann irgendwie umgehen müssen. Argumente dafür gibt es zwar: Ein agiles Mindset, agile Werte und agile Methoden ergeben zusammen ein ziemlich gutes Rüstzeug fürs Arbeiten unter heutigen Bedingungen. Aber dass ein Unternehmen ganz oder teilweise auf den agilen Trend aufspringt, heißt weder, dass es für alle Beteiligten einen Mehrwert bringt, noch dass alle wissen, was sie da tun.
Richtig schwierig wird es, wenn das erste zarte Agiltitätspflänzchen aus dem Team oder der Abteilung, in der es gewachsen ist, auf die Umwelt drumherum trifft, also auf Bereiche, in denen nach anderen Verfahren gearbeitet wird. Diese Umwelt ist ungefähr so wirtlich wie die Wüste um eine Oase: viel Platz für Wachstum, aber kein fruchtbarer Boden. Ein typischer Fall sieht so aus: Eine für ein Projekt ausgegliederte Einheit setzt testweise auf iteratives Arbeiten und Selbstorganisation. Intern funktioniert das in der Regel gut, aber andere Abteilungen können mit den unfertigen Zwischenprodukten dieser Einheit nichts anfangen. Sie selbst wiederum stoßen bei Abstimmungen mit dem agilen Team an Grenzen, weil es in viel kürzeren Zyklen arbeitet und dabei die Richtung ändert. Kurz: Agilität und ihre Umwelt kooperieren nicht gut – mit der Konsequenz, dass Agilität in ihrem eng begrenzten Biotop bleibt oder ganz eingeht.
Wald statt Wüste
Damit das agile Erstgrün dieses frühe Stadium der Transformation überleben und darüber hinauswachsen kann, kommt es also nicht nur darauf an, dass Scrum- oder Kanban-Regeln richtig verstanden werden oder interne Prozesse gut laufen. Mindestens ebenso wichtig ist, dass dabei auch die jeweilige Umwelt mit in den Blick genommen wird, die Wachstumsbedingungen, die sie bietet, sowie die Anforderungen, die sie stellt.
Dafür bietet sich eine Betrachtungsweise an, die in der Personalentwicklung in den vergangenen Jahren eine gewisse Verbreitung gefunden hat, vor allem im Zusammenhang mit Lernen. Dort ist zunehmend von Lernökosystemen die Rede. Damit ist die Gesamtheit der im Unternehmen verfügbaren Lerntools und Wissensressourcen gemeint. Genauer: das Zusammenspiel zwischen Rollen, Technologien, Prozessen, Angeboten und Dienstleistungen, und seine Fähigkeit, aktuelle und zukünftige Anforderungen lerntechnisch zu bedienen. Nach diesem ganzheitlichen Verständnis hat jedes Unternehmen ein Lernökosystem, so ähnlich wie jedes Unternehmen eine Kultur besitzt, auch wenn dieselbe nicht bewusst oder konsequent gestaltet wurde. Vielmehr handelt es sich bei einem Ökosystem um gewachsene, vielschichtige Strukturen, vergleichbar mit einem Wald, in dem ja nicht nur Bäume leben, sondern auch Büsche, Gräser, Moose, Farne, aber auch Bakterien, Pilze, Insekten u.v.m., die ein komplexes Miteinander mit zahlreichen Wechselwirkungen bilden.
Das Besondere an dieser Sichtweise: Sie erlaubt es, sich von der Debatte um einzelne Tools oder Methoden zu lösen, im Zusammenhang mit Lernen zum Beispiel von der Diskussion um E-Learning im Gegensatz zu Präsenzseminaren. Stattdessen erweitert sie den Fokus auf das Gesamtsystem, in dem unterschiedliche Elemente ihre Nischen und ihre Berechtigung haben, sofern sie dazu beitragen, den – ebenfalls vielfältigen – Bedürfnissen der Lernenden gerecht zu werden sowie dem Ziel, ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu zu steigern.
Was ist ein Working Ecosystem?
Überträgt man diese Sichtweise auf Arbeitsformen, kommt man zu etwas, das als Working Ecoystem bezeichnet werden könnte. Analog zum Lern- ergibt sich dieses Arbeitsökosystem aus der Gesamtheit aller in einer Organisation zur Anwendung kommenden Methoden, Verfahren, Managementstile etc., wobei ein vielschichtiges Neben- und Miteinander auch hier der Normalfall ist. In dieser Betrachtungsweise sind zum Beispiel Agilität, Lean Management und klassisches Wasserfall-Management keine Gegensätze, sondern Elemente, die in unterschiedlichen Szenarien sinnvoll sind. Statt also zu diskutieren, ob ein Unternehmen auf Agilität umstellen soll oder nicht, muss diese Entscheidung in einem Arbeitsökosystem gar nicht eindeutig beantwortet werden, weil Methoden jeweils da genutzt werden, wo sie am besten gedeihen können bzw. den größten Nutzen für die Anwender bringen.
Sind bei einer Aufgabenstellung zum Beispiel sowohl Anforderungen als auch Lösungen bekannt, kommt man mit klassischen Wasserfall-Methoden meist weiter als mit Selbstorganisation. Wenn die Anforderungen einigermaßen klar sind und es bereits bewährte Wege zum Ziel gibt, dann sind wir im Bereich „leaner“ Methoden, mit denen Prozesse so lange verändert und angepasst werden, bis sie maximal effizient und effektiv sind. Sind aber die Anforderungen nur teilweise klar, dafür aber die Art, wie diese erfüllt werden können, hat Agilität den größten Mehrwert.
In einem Ökoystem-Ansatz können alle diese – und noch weitaus mehr – Ansätze koexistieren, ohne sich gegenseitig auszubremsen. Das gilt aber nur, sofern sie nicht dieselben Nischen für sich beanspruchen oder sich gegenseitig Wasser und Licht wegnehmen. Da liegt der entscheidende Unterschied zu einem bloßen Nebeneinander von Methoden, das leicht in Beliebigkeit ausartet: Ökosysteme sind aufeinander abgestimmt, sie befinden sich in einer Art Balance, in der die Elemente nicht nur konkurrieren, sondern einander ergänzen, regulieren und mitunter sogar unterstützen. Worauf es daher in der Ökosystem-Betrachtung ankommt, ist genau dieses Zusammenspiel, die Verzahnung der Elemente untereinander, die Schnittstellen, die es möglich machen, dass ein Wechsel zwischen Methoden bzw. die Zusammenarbeit zwischen verschieden arbeitenden Abteilungen auch tatsächlich funktioniert. Das ordnende Prinzip ist dabei aber eher Evolution als externe Steuerung: Wie im Wald können – und dürfen – im Working Ecosystem einzelne Elemente verdrängt werden oder sich ausbreiten, je nachdem, wie sie sich bewähren.
Schnittstellen müssen passen
Den Blick auf diese Schnittstellen und Wechselwirkungen zu lenken, ist ein großer Vorteil des Ökosystem-Ansatzes. Denn viele gescheiterte Transformationen lassen sich damit erklären, dass sie zu wenig beachtet wurden. Etwa von den angrenzenden Teams: Nehmen wir an, eine HR-Abteilung hat den Auftrag, die Learner Experience zu verbessern, weil die Lernerfolge schlecht ausfallen und daher die Performance in vielen Abteilungen sinkt. Ein agiles, cross-funktionales Team aus unterschiedlichen Bereichen soll das Problem lösen. Doch im Verlauf des Projektes geraten immer mehr umgebende Bereiche in Schieflagen, weswegen sie „ihre“ Mitglieder aus dem agilen Team abziehen, um ihre Performance-Ziele noch zu erreichen.
Schwerer als der resultierende Personalmangel im Projektteam wiegt dabei, dass dadurch die gewählte Form der agilen Zusammenarbeit nicht mehr funktioniert. Die Scrum-Events fressen die verbleibende Arbeitszeit auf, eine Anpassung der Zeitfenster an die verfügbare Arbeitszeit lässt die Events so kurz werden, dass sie keinen Mehrwert mehr generieren.
Das ist zwar nur ein fiktives Beispiel, aber so oder so ähnlich sieht die Realität in vielen Unternehmen aus: Tagesgeschäft trumpft Agilität. Die kreative und übergreifende Aufgabenstellung mag agile Methoden zum geeigneten Mittel der Wahl machen. Wenn die angrenzenden Teams darauf jedoch keine Rücksicht nehmen und nur nach der eigenen Logik arbeiten, verhindern sie damit, dass das agile Team erfolgreich sein kann. Das Problem lässt sich nur vermeiden, wenn die Prioritäten der Umwelt nicht im Gegensatz zu dem agilen Prozess stehen. Auch eine Absprache über Arbeitsweisen und (gemeinsame) Ziele hilft. Beides findet in der Praxis aber nur selten statt.
Die Umwelt entscheidet über internen Erfolg
Im Ökosystem-Ansatz ist es aber genauso schädlich, wenn das agile Team seinerseits nicht angemessen auf die eigene Umwelt reagieren kann. Eine Lösung für das oben genannte Beispiel könnte ja darin bestehen, aufgrund der Verwerfungen in angrenzenden Teams die eigene Arbeitsweise zu ändern. Aber der Blick über den agilen Tellerrand ist oft verstellt, wie ein zweites Beispiel zeigen soll:
Stellen wir uns ein Unternehmen vor, das auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist, mit Investoren, die vorhersehen können wollen, wie sich ihr investiertes Kapital verzinst. Wenn jedoch die Rohstoffpreise extrem steigen und damit die Kalkulation gefährden, besteht ein großer Teil der täglichen Arbeit in diesem Unternehmen darin, diesen Einfluss zu kompensieren. Der agile Ansatz wäre, zusammen mit dem Kunden kurzfristig Lösungen zu finden, die gegebenenfalls außerhalb der mittelfristigen Planung liegen. Der Investor bekäme eine Verzinsung seines Kapitals, aber er könnte den Betrag nicht mehr vorhersehen. Aus der agilen Logik ist das sinnvoll, die daraus folgende Unplanbarkeit passt jedoch nicht zu dem Paradigma „Befolgen eines Plans“, das die Investoren überhaupt erst angezogen hat.
Führt man Agilität ein, um der VUKA-Welt Rechnung zu tragen, beachtet aber das führende Unternehmens-Paradigma nicht, wird Agilität nicht überleben. Umgekehrt gilt: Wird Agilität eingeführt, muss auch das Geschäftsmodell entsprechend angepasst werden. Um es klar zu sagen: Es geht nicht darum, dass sich alles nach Agilität ausrichten muss. Der Ökosystem-Ansatz zielt eher darauf, die Wechselwirkungen mit der Umwelt zu berücksichtigten. Das gilt für alle Richtungen: Wenn das Controlling beispielsweise Zahlen, Daten und Fakten für ein agiles Projekt liefern soll, muss es in der Lage sein, synchron zu den Iterationen zu liefern. Wenn umgekehrt in einem agilen Produktentwicklungsprozess ein Produkt so weit gediehen ist, dass es als MVP an einen Kunden ausgeliefert werden könnte, müssen Schnittstellen geschaffen werden, um sich mit den nicht agilen Prozessen auf Kundenseite zu synchronisieren.
Stabilität und Störung
Was heißt das nun für die Einführung von Agilität im Unternehmen bzw. die Gestaltung eines Working Ecosystems, das in sich agil ist? Zunächst: Eine vollständige Transformation eines Ökosystems kann es nicht geben, dazu müsste der Wald – wenn man den Vergleich noch einmal bemühen möchte – vollständig gerodet werden. Das erscheint wenig sinnvoll, zumal sich die verschiedenen Elemente des Systems ja gegenseitig ergänzen und stabilisieren. Nimmt man ein oder mehrere Elemente weg, kann das gesamte Arbeitsökosystem kippen: Es ist dann nicht mehr in der Lage, die Leistungsfähigkeit der anderen Elemente zu sichern oder neue Elemente aufzunehmen.
Ein Ökosystem kann daher auch nicht einfach neu geschaffen oder gelenkt werden. Es kann allerdings beeinflusst und verbessert werden, aber – wie beim Wandel der Unternehmenskultur – eher mit indirekten Maßnahmen, etwa durch Vorleben von oben oder durch gezielte Befähigung für die neuen Arbeitsweisen. Agilität ist empirisches Lernen, das schrittweise vorgeht. Und genauso „lernt“ das Agile Working Ecosystem kontinuierlich dazu, indem es neue Werte, Methoden und Denkweisen aufnimmt, ausprobiert und mit anderen in Verbindung setzt.
Eine agile Transformation lässt sich also vor allem als Erweiterung des vorhandenen Ökosystems um agile Elemente – und ihre Verzahnung mit den übrigen – verstehen. Die kann auch schiefgehen, denn das Arbeitsökosystem reagiert wie ein Wald, in dem sich der Waschbär oder eine neue Pflanzenart ansiedelt. Die herrschende Stabilität wird dadurch zunächst einmal gestört. Eine neue Balance kann zwar entstehen, aber nur wenn die Elemente des Ökosystems lernen, miteinander umzugehen.
Wie wird ein Ökosystem agil?
Soll Agilität nun einen festen Platz in einem Unternehmen finden, ist es daher entscheidend, dieser neuen Balance höchste Priorität einzuräumen. Der erste Schritt besteht daher nicht im Einführen von agilen Praktiken in einem Kreativ-Workshop oder von Regel-Sets für die Teamarbeit à la Scrum. Wichtiger als bestimmte Verfahren ist ohnehin die Philosophie, die hinter Scrum, aber auch hinter anderen Methoden wie Design Sprint, Design Thinking oder bei den Canvas-Methoden Value Proposition und Business Model liegt. Die praktischen Methoden allein bringen nicht viel, auf der anderen Seite können unter der bindenden Klammer eines agilen Mindsets viele verschiedene (auch nicht agile) Methoden genutzt werden.
Damit Agilität erste Wurzeln schlagen kann, muss also zunächst diese agile Philosophie erlernt und verstanden werden – und zwar nicht nur im agilen Team, sondern auch in dessen Umwelt. Das heißt nicht, dass alle danach arbeiten müssen, sonst wäre man ja wieder beim eingangs erwähnten Trendthema-Problem. Aber möglichst alle müssen verstehen, wie und warum so gearbeitet wird, um dem agilen Team gute Umweltbedingungen zu liefern – und um selbst besser mit agilen Ergebnissen umgehen zu können. Selbst wenn es „nur“ Lernen auf Vorrat ist,
ein gewisser Grundstock an Agilitätswissen ist hilfreich, damit die ersten Schritte gegangen werden können. Dazu gehört auch ein Sensibilisieren der Führungskräfte für die Veränderung ihrer Rolle, wenn sie selbst agil arbeiten oder es mit einem agilen Team zu tun bekommen.
Wie Kreise im Wasser
Wenn es dann darum geht, erste agile Projekte mit cross-funktionalen Teams aufzusetzen, empfiehlt es sich, klein zu starten. Denn es macht einen Unterschied, ob man einen Workshop mit Design Thinking gestaltet oder gleich eine ganze Abteilung auf Scrum umstellt, was natürlich sehr viel mehr Schnittstellen mit sich bringt bzw. deren Anpassung erforderlich macht. Kleine Schritte ermöglichen, den Weg auf Basis der unterwegs gewonnenen Erkenntnisse anzupassen, ganz im Sinne des erwähnten agilen Lernens.
Von da aus ist es, als ob man einen Stein ins Wasser wirft und die Wellen immer weitere Kreise ziehen. Der Stein steht für ein Projekt, in dem die ersten agilen Methoden angewendet werden. Die kreisförmigen Wellen, die von der Mitte wegstreben, sind die Effekte, die es bei anderen erzielt. Dort, wo die Kreise auftreffen – bei den Anrainer-Teams, den anderen Abteilungen, bei Partnern und Kunden –, ist jeweils zu prüfen, welche Wechselwirkungen auftreten, was angepasst werden kann oder welche Puffer eingerichtet werden müssen.
Am Beispiel Selbstorganisation, die zu den wichtigsten Elementen agilen Arbeitens gehört, lässt sich das zeigen: Selbstorganisation macht nicht an den Rändern des Projektes halt. Sofern sie ernst gemeint ist, impliziert sie, dass sich Mitarbeiter frei entscheiden können, in einem Projekt mitzuarbeiten. Sobald aber ihre direkten Führungskräfte dieses Engagement blocken, wird die Selbstorganisation ad absurdum geführt. Also wäre der nächste Wellenkreis, die bisherigen Organisationsstrukturen so zu lockern, dass Mitarbeitende überhaupt selbstorganisiert sein dürfen. Das verändert wiederum die Rolle von Führung, womit ein weiterer Kreis erreicht ist, die mittelfristige Planbarkeit von Projekten ändert sich, das Controlling, die Leistungen, die Shareholder und Kunden erwarten können etc.
Begleitende Maßnahmen
Im Zweifel muss ein Protokoll definiert werden, das die Zusammenarbeit an der Schnittstelle regelt und zum Beispiel Zuständigkeiten, Timing und Teamziele für die andere Arbeitsweise übersetzt und miteinander orchestriert. Das gilt übrigens nicht nur für agile Projekte, in einem Arbeitsökosystem können die konzentrischen Kreise um jedes Team, jedes Projekt gezogen werden. Schließlich hat jede Businesseinheit ihre eigene Umwelt, mit der sie in Wechselwirkung steht, die es zu optimieren gilt.
Das setzt voraus, dass es eine klare Abgrenzung gibt von „normalen“ und von agilen bzw. selbstgesteuerten Bereichen. Je eindeutiger die Zuordnung, desto klarer die wechselseitigen Erwartungen. Dabei geht es vor allem um Erkenntnisgewinn, nicht um Bekenntnis. Es mag sein, dass man erst im Laufe der Zeit merkt, dass ein Bereich lieber agil wäre oder ein anderer besser bei der herkömmlichen Arbeitsweise geblieben wäre. Die Abgrenzung schafft in erster Linie den Rahmen, in dem sich die jeweiligen Arbeitsformen stabilisieren können. Und sie definiert, wo die Schnittstellen positioniert sind.
Wie ihre natürlichen Vorbilder sind Arbeitsökosysteme nicht starr, sondern in ständiger Bewegung, wobei sich die Elemente häufig überschneiden und mitunter sogar in Konflikt geraten. Für diesen Fall sollten Agile Coachs bereitstehen, die darin unterstützen, Lösungen zu finden. Neben den initialen Mindset- und Weiterbildungsmaßnahmen sind zudem flankierende Kulturmaßnahmen hilfreich, die zum Ziel haben, das Bewusstsein und die Offenheit für die verschiedenen Arbeitsweisen und ihre Vorteile zu fördern. Dazu zählen auch transparenzschaffende Maßnahmen, wie testweise an agilen Ritualen teilzunehmen oder an Wasserfallprojekten mitzuarbeiten.
Ökosystem = hybrid?
Die Erfahrungen in jeder Arbeitsweise sollten durch gemeinsame Reviews und Retros reflektiert werden, vor allem, wenn teamübergreifend zusammengearbeitet wurde, und die Erkenntnisse daraus sowie andere Neuigkeiten und Fortschritte möglichst offen kommuniziert werden, um das Thema präsent zu halten. Eine weitere Maßnahme könnte darin bestehen, eine Abteilung einzuführen (sozusagen die Ranger im Wald), die sich ausschließlich mit Arbeitsweisen und deren Verbesserung beschäftigt. Sie könnte als Anlaufstelle dienen, wenn eine neue Methode gesucht werden soll und die Schnittstellen mit anderen geprüft werden sollen.
Das Agile Ökosystem korreliert also letztlich mit einer hybriden Organisationsform, bei der es darauf ankommt, sowohl den Wechsel zwischen den Formen als auch die Interaktion zwischen unterschiedlich arbeitenden Abteilungen zu optimieren. Anders gesagt, ist der Ökosystem-Ansatz eine Möglichkeit, die hybride Organisation praktisch umzusetzen. Noch ist er zwar Theorie, aber er könnte helfen, mehr Arbeitsweisen in einer Organisation parallel besser verfügbar und miteinander kompatibel zu machen. Lohnen würde sich das, zumal agile Werte und Methoden damit einem weiteren Mitarbeitendenkreis zur Verfügung stehen würden, ohne sie gleich auf ein festes Regelwerk zu verpflichten. Letztlich könnten alle Arbeitsweisen in ihren jeweiligen Nischen besser gewürdigt und gezielter genutzt werden. Ein Ökosystem ist schließlich keine Monokultur, sondern Vielfalt – und für alle.
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