Der Dickens-Prozess

 

Idee und Begriff stammen von Anthony Robbins aus einem seiner Seminare: Unleash the power within und hilft Menschen Verantwortung für ihr Leben und ihre Zukunft zu übernehmen. 

 

Der Dickens-Prozess selbst ist benannt nach der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. In Kürze: Der Held Scrooge ist ein alter einsamer Geizhals, der die Menschen um sich herum quält und ausnutzt. In der Nacht vor Weihnachten erscheinen ihm 3 Geister. Der Geist der Vergangenheit, der Geist der Gegenwart und der Geist der Zukunft. Alle drei Geister zeigen ihm – sehr emotional – was in der Vergangenheit schmerzhaft war, wie dunkel die Gegenwart ist und wie rabenschwarz die Zukunft sein wird. Scrooge hält dies schließlich nicht mehr aus und – ändert sich.

 

Der Punkt ist: Jeder kann seine eigene Weihnachtsgeschichte durchleben. Ich muss nicht erst die Diagnose für die sicher tödliche Krebserkrankung bekommen. Ich kann in meiner Vorstellung meine Zukunft in 1, 3, 5, 10 oder 20 Jahren emotional (!) durchleben. Und spüren, wie sich das anfühlt, wenn ich nichts ändere.

 

Ich kann diesen Schmerz, den man normalerweise bewusst ausblendet (jeder Raucher kennt das Bild der Raucherlunge, will es aber emotional nicht wahrhaben), bewusst an mich heranlassen und überzeichnen. Ich kann meine Raucherlunge in 20 Jahren visualisieren. So stark, dass die Emotionen in jedem Augenblick präsent sind. Und dann von einem Moment auf den anderen meine Verhaltensweisen ändern. Einfach so. Ohne jede Disziplin. Aber Achtung! Das ist ziemlich schmerzhaft...

 

Ich nehme übrigens immer Bilder eines Rauchers oder aus dem Sport, weil das so schön einfach ist. Es lässt sich aber auch übertragen: Wie fühlt sich das an, wenn ich als Unternehmer die nächsten 3 oder 5 oder 10 Jahre weiter 80 Stunden pro Woche arbeite und mich nur um Fachkraftaufgaben statt um Unternehmeraufgaben kümmere? Wie fühlt sich das an, mit einem Mitarbeiter, von dem man nicht so recht überzeugt ist, auch noch in 1, 3, 5, 10 oder gar 20 Jahren zusammen zu arbeiten? Wenn man diese Fragen so stellt und das oft spontan auftauchende Bauchgefühl wirklich an sich heranlässt, führt die viel effektiver zu Änderungen als Disziplin.

 

Das mag merkwürdig klingen, aber es funktioniert! Für einen selbst. Aber auch als Muster für Änderungen in Unternehmen. Typischerweise werden Änderungen folgendermaßen angegangen. Es gibt irgendeinen Anlass, z.B. einen Umsatzrückgang um 10 Prozent. Das will der Unternehmer nicht, also soll etwas geändert werden. Dann werden Ziele entwickelt, Pläne gemacht und irgendwo in der Umsetzung wird das Ganze begraben. Natürlich! Denn auch hier ist das mentale Modell falsch.

 

Wem tut der Umsatzrückgang weh? Dem Unternehmer (oder den Anteilseignern), vielleicht noch nach Provision bezahlten Vertrieblern. Aber sonst? Die meisten blenden doch aus, dass es ihren Job betreffen könnte. Das ist wie mit der Raucherlunge. Das Ergebnis: Es fehlt bereits zu Beginn die Energie beim gesamten Team. Die Änderung wird fast sicher auf dem Weg hängen bleiben!

 

Der entscheidende Punkt für Änderungen sind also weniger die klaren Ziele und erst recht nicht die detaillierten Pläne, sondern die tiefen emotionalen Gründe bei allen Beteiligten. So tief, dass keiner mehr den gegenwärtigen Zustand aushält. Und diese Gründe können und müssen Sie bewusst schaffen und am leben halten. Genauso wie Sie für sich selbst die Emotionen durch die Geister der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorrufen können, können Sie es auch bei Ihren Mitarbeitern.

 

 

Photo by Mimi Thian on Unsplash

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