Es passiert immer wieder und wir können es mit den besten Werkzeugen und Strategien nicht vermeiden. Es passiert sogar dann, wenn Optimierungswerkzeuge bis zum Maximum ausgereizt werden. Es passiert einem "perfekten" Automobilhersteller wie Toyota, der in permanenten Optimierungen mit Hilfe eines mächtigen Projektmanagementwerkzeuges wie der Kaizen Methode plötzlich Autos baut, die zu fürchterlichen Unfällen führen, weil die Fahrer nicht mehr vom Gas gehen können (USA vor einigen Jahren).
Ich rede - natürlich - von der Krise. Von dem Scheitern, das Organisationen wie Einzelpersonen oder soziale Gruppen gleichermaßen heftig und immer wiederkehrend treffen kann. Unvermeidlich. Leider. Oder?
Das mächtige Lernerfahrungen und Entwicklungschancen in Krisen stecken hat sich herumgesprochen. Trotzdem gilt es mancher Organisation, manchem Unternehmen als aller wichtigste Maxime, sie auf Teufel komm raus zu vermeiden. Als ob wir das wirklich könnten. Als ob das wirklich sinnvoll wäre!
Sind wir dann im Krisenfall also vorbereitet? Und ich rede jetzt nicht von irgendwelchen Feuerwehrregeln für Teams und Krisenstäbe, sondern ich rede von der Organisation als solcher wie auch jeder Einzelperson. Habe ich für den Ernstfall trainiert? Kann ich mich "verteidigen"? Selbst oder habe ich das etwa delegiert? Wie ist mein "Krisen Mindset"? Um Gottes willen, ja nicht! oder So was trifft uns nicht? Sehe und nutze ich die Chancen einer Krise oder vergrabe ich mich in Selbstmitleid und warte nur darauf, dass alles wieder ist wie früher und die Krise möglichst schnell vorüber zieht?
Gesetzt den Fall, Sie möchten sich vorbereiten. Auf die Krise, auf das Worst Case Szenario. Kollektiv oder individuell. Da habe ich eine gute Botschaft für Sie: Die genaue Kenntnis eines potentiellen Krisenverlaufs und das aktive nutzen der einzelnen Schritte kann Sie nicht nur schneller durch die Krise führen, sondern Sie auch als Gewinner - und stärker! - aus der Krise herausführen!
Lassen Sie uns jetzt - aus der Psychologie entlehnt - die 5 Phasen der Verarbeitung von negativen Erlebnissen anhand eines simplen Autounfalls genauer anschauen! Anschließend gebe ich hilfreiche Hinweise, welche Fragen zu stellen sind, um die Krise optimal zu bearbeiten.
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Wut: Ich kann einfach nicht glauben, dass mir gerade jemand reingefahren ist; schlimmer hätte es heute wirklich nicht kommen können! Ich hasse diesen Idioten! Ich hasse
die Leute. Ich hab die Nase voll von ihrer Dummheit. Ich werde fuchsteufelswild, wenn ich nichts verkehrt mache und trotzdem unter den Konsequenzen zu leiden habe. Das ist so
ungerecht!
Das, was passiert ist, lehne ich ab. Ich reagiere emotional, im Außen und greife an. Eine etwaige Verantwortung für das Ereignis lehne ich ab. -
Schmerz: Es macht mich traurig, dass Menschen in dieser Welt verletzt werden, wenn sie es gar nicht verdient haben. Das Gefühl, bei anderen läuft alles richtig, bei mir
dagegen läuft alles falsch, tut so weh. Ich bin traurig darüber, dass dieses Auto, das ich heiß und innig liebe, beschädigt ist und es mir peinlich ist, mit einem verbeulten Auto
herumzufahren. Ich bin so enttäuscht darüber, dass dieser Abend, der meinem Gefühl nach eigentlich gut lief, so schlimm ausging. Das tut einfach weh.
Die Wut weicht und hinterlässt ein Gefühl persönlichere Betroffenheit. Noch immer gehe ich nicht in die Selbstverantwortung, noch immer lehne ich ab. -
Angst: Ich habe solche Angst, dass das Leben einfach nicht glücklich sein soll. Ich habe Angst davor, dass es im Leben um Leiden geht. Ich habe Angst davor, nur hier zu
sein, um zu leiden, bis ich sterbe. Ich habe Angst, wenn ich feststelle, dass das Leben nur Leiden ist, falle in eine tiefe Depression und begehe wahrscheinlich Selbstmord. Das ist die
eigentliche Wunde, die unter alldem steckt: Ich fühle mich anderen Menschen gegenüber ohnmächtig, so wie damals, als mein Vater betrunken nach Hause kam und mich verprügelte. In einem Moment
schaute ich fern, und alles war in Ordnung, und im nächsten Moment kam er herein und schlug auf mich ein. Ich war noch so klein … Ich konnte nichts daran ändern.
Wir kommen in einen sehr persönlichen Bereich hinein, stoßen auf unser Unterbewusstsein und die dort gespeicherten Erfahrungen aus einer Zeit, in der es entstand: Kindheit und Jugend. Jetzt kommt alles darauf an, wie bewusst wir agieren und ob wir in der Lage sind, unsere Erfahrungen von heute mit den Erlebnissen früherer Jahre zu verknüpfen. -
Verständnis: Ich verstehe, dass ich keine Ahnung habe, ob das Leben wirklich Leiden bedeutet. Womöglich habe ich dieses Gefühl nur wegen der frühkindlichen Erfahrungen
mit meinem Vater. Möglicherweise habe ich so oft diese Gedanken, dass ich immer mehr Beweise dafür sehe, dass das Leben Leiden ist. Es tut mir leid, dass ich so wütend auf den Fahrer geworden
bin, der den Auffahrunfall verursacht hat. Wahrscheinlich hat auch er einen furchtbaren Tag hinter sich. Ich wollte diese ganze Angst, die mit meiner Kindheit zu tun hat, nicht an einem total
Fremden auslassen. Ich möchte Vergebung dafür, dass ich das Problem nur noch schlimmer gemacht habe, anstatt zu seiner Lösung beizutragen.
Für viele ist dieser Schritt schwierig bis nicht möglich. JETZT gehe ich in die Eigenverantwortung, erkenne Mechanismen und bearbeite aktiv emotional das Geschehene. -
Liebe / Annahme: Tief in mir habe ich die Absicht, jedem, auch mir, zu helfen, sich besser zu fühlen. Damit ich glücklich werden kann, habe ich tief in mir die Absicht,
den Teil von mir zu heilen, der sich als Opfer fühlt und für den die Welt ein furchterregender, schlimmer Ort ist. Tief in mir habe ich die Absicht, nicht zu meinen, alles und jeden
kontrollieren zu müssen, sondern mir zuzutrauen, nur Gutes für mich zu erschaffen. Ich hoffe, der Autofahrer, der die Kollision verursacht hat, ist nicht den ganzen Tag unglücklich
deswegen. Ich hoffe, er kann sich selbst vergeben, schließlich macht ja jeder Fehler. Ich verzeihe ihm seinen Fehler. Ganz ehrlich, ich liebe andere Menschen und möchte, dass sie glücklich
sind. Ich wünsche mir, dass diese Welt ein glücklicher Ort ist, an dem wir Fehler machen und aus ihnen lernen können, ohne zurückgewiesen oder bestraft zu werden.
Conclusio - die Lösung! Ich werde empathisch und verstehe auf einer tieferen, auch zwischenmenschlichen Ebene. Jetzt kann ich verzeihen und bin in der Lage, ins Learning zu gehen.
Wie kann nun ein e adäquate Bearbeitung im den einzelnen Stufen aussehen? Welche Fragen sind zielführend und hilfreich?
Bitte nehmen Sie sich für diesen Schritt genügend Zeit und bearbeiten Sie die Fragen nur mit den unmittelbar Betroffenen (Team und / oder Einzelpersonen):
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Wut
Worüber bin ich wütend?
Wem/was gebe ich die Schuld und warum?
Gegen wen/was hege ich einen Groll und warum?
Es macht mich fuchsteufelswild, wenn …
Ich habe die Nase voll von …
Ich hasse … -
Schmerz
Was daran macht mich so traurig?
Ich werde so verletzt von …
Ich bin so enttäuscht, dass … -
Angst
Was daran jagt mir solche Angst ein?
Ich habe Angst, dass …
Es macht mir Angst, wenn …
Warum macht mir das Angst?
Was daran gibt mir ein Gefühl der Unsicherheit?
Welche tiefe Wunde verbirgt sich unter der Wut und der Traurigkeit?
Welche schmerzhaften Erinnerungen ruft diese Situation in mir wach? -
Verständnis
Ich bedauere …
Es tut mir leid, dass …
Für welchen Teil dieser Situation übernehme ich die Verantwortung?
Ich wollte nicht …
Ich verstehe, dass …
Ich weiß, dass ich manchmal …
Wofür möchte ich Vergebung? -
Liebe / Annahme
Tief in mir habe ich die reinsten Absichten, und zwar …
Tief in meinem Herzen möchte ich …
Ich verspreche, dass …
Welche Lösungsmöglichkeiten fallen mir zu dieser Situation ein?
Ich hoffe, dass …
Ich bin dankbar für …
Ich vergebe …
Es kann sinnvoll sein, dass Die 5 Phasen der Verarbeitung von negativen Erlebnissen, wenn sie in einem Team oder Unternehmen bearbeitet werden, von einem Supervisor begleitet werden. Für die
Einzelarbeit bietet sich ein entsprechend qualifizierter Business Coach an.
Viel Spaß und guten Erfolg mit Ihrer nächsten Krise!
Photo by Markus Winkler on Unsplash
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